Therapier mich nicht, ich bin gesund…
Gedanken einfangen und formen…
Früher sind wir viel leichter mit schweren Zeiten zurecht gekommen, weil es keine Zeit gab, herum zu jammern. Es war so, wie es war. Man musste die Dinge so hinnehmen, wie sie waren.
Das wird mir oft erzählt von den Damen und Herren der älteren Generation, wenn ich von Selbstverwirklichung und Selbstheilung durch Therapie, Meditation, Yoga und anderen Heilungsmethoden unserer gegenwärtigen Zeit spreche. Heutzutage sind wir damit beschäftigt, uns selbst zu verwirklichen und herauszufinden, womit wir es zu tun haben, wenn wir scheitern. Oft hängt das Scheitern nämlich mit negativer Selbstprophezeihung zusammen, oder körperlicher Einschränkung, die wir auch zum Teil selbst zu verantworten haben. Aber an diesem Punkt kommen wir oft an einen Disskusionsherd, denn wer will sich schon selbst die Schuld an den Gegebenheiten zuspielen.
Sicherlich auch ein generationsübergreifender Konflikt.
Noch vor zwei Generationen wurde in den meisten deutschen Familien noch nicht ansatzweise von Selbstliebe und Bewusstseinserweiterung gesprochen. Damals ging es darum, die lebensnotwendigen Pflichten zu meistern, ob es mit der eigenen Moral übereinstimmte, oder teilweise sogar schädigend für die ausführende Person, oder ihr Umfeld war. Es wurde nicht gefragt, wie und ob die angeforderten Aufgaben zu bewerkstelligen waren.
Es wurde nicht gejammert und es gab in den wenigsten Fällen eine therapeutische Aufarbeitung von Traumata.
Die Menschen haben funktioniert und mussten von klein auf lernen, mit den Gegebenheiten zu leben, ob es angenehm, oder unangenehm war. An der Stelle möchte ich daran erinnern, dass der Zweite Weltkrieg nicht mal hundert Jahre her ist. Unsere Eltern und Großeltern hatten selten, die Möglichkeit, an inneren Traumata, seelische und körperliche Schmerzen zu denken und Zusammenhänge zwischen ihrer Lebensgestaltung und dem grausamen Erlebten zu sehen. Dadurch, dass dies nicht aufgearbeitet wurde, hat das bis heute Auswirkung auf unser Leben.
Die Selbstanalyse und das spirituelle Erwachen unserer Zeit ist zum einen ein Luxus, den unsere Vorfahren möglich gemacht haben und zum anderen ein Aufräumen, der zu Bruch gegangenen Seelen jener Vorfahren.
Die Tatsache, dass die Nachkriegsgeneration durchaus andere Sorgen hatte, als ihre seelischen Wunden zu therapieren, schließt die damalige Notwendigkeit jedoch nicht aus.
Ich hab mich sehr oft mit Menschen über die Lebensqualität der Kriegs- und Nachkriegszeit unterhalten und es ist erschütternd, was damals erlebt werden musste. All die Menschen, all das Leid, all die Quall, überall auf der Welt, sind während und nach der Kriege viel zu grausam, als das man sich mit den daraus entstandenen psychischen Störungen auseinander setzen würde. Im Krieg geht um das Überleben. Im Krieg müssen die ganz einfachen Grundbedürfnisse gestillt werden. Abraham Maslow und später Werner Corell haben dazu die sogenannte Maslowsche Bedürfnispyramide aufgestellt. Dabei geht es um die zu verschiedenen Zeiten abgedeckten Bedürfnisse der Menschen.
Wenn alles in Schutt und Asche liegt und die Kinder vor Hunger weinen, steht die Beschaffung von Nahrung und Schutz im Vordergrund und erst wenn diese Bedürfnisse gedeckt sind, kann man sich weiteren Bedürfnissen widmen, wie zum Beispiel der Selbstverwirklichung und Aufarbeitung der Vergangenheit.
Wie soll man denn also nun all das Furchtbare, was die Augen gesehen haben und der Körper gespürt hat, verarbeiten?
Wie soll man seinem Umfeld und seinen Nachkommen mit Liebe und Zuversicht begegnen, wenn man sich soeben aus den Trümmern der Hölle befreit hat? Ich will damit nicht sagen, dass es in diesen Zeiten keine Liebe und keinen tröstenden Elternschutz gab, aber Krieg macht hart und traurig. Und wie soll aus Härte und Trauer ein warmes liebevolles Heim entstehen?
Es darf hier bitte nicht pauschalisiert werden, dass die Kriegsgeneration allgemein hart und lieblos war.
Es ist nur leider so, dass durch den erlebten Schmerz und die selten vorhandene Aufarbeitung, eben diese Traumata weitergegeben wurden.
Kinder traumatisierter Eltern, traumatisieren unweigerlich ihre Kinder, und deren Kinder die nächsten Kinder. Es sei denn, dieser Schmerz wird erkannt, benannt, akzeptiert, geheilt und Frieden geschlossen.
Es ist natürlich keine leichte Kost, in die Abgründe seiner selbst zu schauen und zu erkennen, dass wir verbunden sind mit unseren Eltern, deren Geschichten, die der Großeltern und all der weiteren Urahnen. So wie Aussehen und Talente weitergegeben werden, werden auch Erinnerungen, tiefsitzende Verletzungen und gestörte Beziehungen weitergegeben.
Wir wundern uns über Krankheiten, Trauer, Ängste und vielseitige Persönlichkeitsstörungen im kleinen und großen Maße, wissen aber oft nicht, woher es kommt und was zu tun ist, um all die Unebenheiten zu glätten.
Ich denke, Vieles kann man nicht mehr glätten, da es teilweise viel zu verfahren ist und wir auch nicht immer so tief graben müssen. Manchmal reicht es, zu verstehen und zu verzeihen und liebevoll die Hand des Friedens auszustrecken. Die Hand all jenen zu reichen, die in der Vergangenheit für uns gekämpft haben und all diese schwere Last mit sich tragen mussten.
Erkenne und heile
Die Wunden aller Menschen, heute und damals, wollen gesehen und geheilt werden.
Selbst wenn wir sie nicht freiwillig suchen, finden und heilen, werden unsere Wunden auf sich aufmerksam machen, in den verschiedensten Variationen. Unser Körper und unser Geist sind sehr kreativ, wenn es darum geht, Störungen aufzudecken.
Wer nicht auf den Geist hört, wird auf den Körper hören müssen.
Wenn wir eine eitrige Wunde haben und dort einfach immer nur ein Pflaster raufkleben, ist die Wunde zwar nicht sichtbar, aber sie ist da. Sie ist da und eitert vor sich hin. Vielleicht sterben wir nicht sofort an dieser scheinbar kleinen Wunde, aber sie belastet uns langwierig, wenn wir sie nicht dementsprechend behandeln und säubern, so dass sie heilen und neue Haut drüber wachsen kann. Genauso ist es mit inneren Verletzungen. Egal ob die Epoche Zeit hatte für die Heilung von seelischen Schmerz, oder damit beschäftigt war Nahrung zu finden und sich vor Bomben, Kälte und anderen Umwelteinflüssen zu schützen, war dort eine kleine verletzte Seele, die still weinte. Durch Hunger, Kälte, Gewalt und Mangel an Liebe, können Persönlichkeitsstörungen und gesundheitliche Schäden entstehen.
Jeder geht damit anders um. Der eine verdrängt all diese Hölle so gekonnt, dass er glaubt, sie nie erlebt zu haben. So etwas wird dann im Volksmund Verdrängung genannt. Der andere fällt immer wieder zurück in die grausamen Erinnerungen und wird vielleicht sogar von Albträumen und alltäglichen Angstschüben heimgesucht. Ob man nun von der Psyche, oder körperlichen Disharmonien spricht, ein Schaden ist da. In uns allen. Mal ein kleiner, mal ein gr0ßer. Nicht immer sind es lebenseinschränkende Störungen.
Mit vielem Erlebten können wir leben. Über einiges kann man sogar schmunzeln und es mit einer Handbewegung der Vergangenheit zuwinken.
Viele von uns glauben, mit allem abgeschlossen zu haben und sind sogar der Meinung, Altes aufzuwühlen sei nicht förderlich, ja sogar schädlich.
Nach reichlichem Kopfzerbrechen und Recherche sowie anhand der Beobachtung unser aller Leben, habe ich für mich die logische Schlussfolgerung gefunden:
-Um es schön sauber zu haben und sich dieser Sauberkeit zu erfreuen, muss erst einmal geputzt werden.
-Bevor wir die Welt verändern und mit erhobenen Finger die Fehler und Probleme in unserer Umgebung, der Umwelt, der Politik, der Religionen, Der Völker, Wetterbedingungen usw. suchen, sollten wir in uns aufräumen und vor unser eigenen Seelentür fegen.
Einige sind diese Themen angegangen, vielleicht auch aus eigener Kraft, andere brauchen Hilfe im Außen. Ob von Therapeuten, der Familie, Heilmedizin oder jeglichen andere Methoden. So zu tun, als ob alles gut sei, ein Pflaster auf die Wunde kleben und warten das die Wunde von alleine heilt, ist leider ein Irrglauben.
Früher oder später platzt das Pflaster und die Wunde schreit uns an. „Sieh mich an, ich blute!„
Unsere Augen haben alles gesehen und unsere Seele hat alles abgespeichert. Unser Herz hat alles gefühlt und unser Gehirn schützt uns, in dem es das eine, oder andere im Hintergrund versteckt. Im Grunde ist diese Schutzreaktion sehr hilfreich, weil wir vorerst wirklich geschützt sind. Das Trauma ist ein nützlicher Schutzmechanismus. Leider hält der Schutz nicht ewig an. Wir werden irgendwann, früher oder später, vielleicht auch durch ein Schlüsselerlebnis, daran erinnert, was mit uns geschehen ist. Hier und dort kleine gesundheitliche Mängel, kleine Niederlagen, Süchte, Ängste, Depressionen. usw.
Ob körperlich oder seelisch, unsere Geschichte holt uns ein, …ob wir wollen oder nicht.
Lassen wir es nicht zu und schieben sie von uns, verschließen die Augen, werden wir krank. Wir suchen im außen nach Gründen und rennen zu Ärzten, schlucken Medikamente und hoffen auf Heilung. Nur leider wartet unsere Seele vergeblich auf ihre Heilung. Also verursacht sie immer wieder, verschiedene Krankheiten im Körper. So lange, bis wir inne halten, und in uns hinein hören. Ja, das mag komisch klingen. In uns hineinhören. Leider neigen wir zu oft dazu, die Dinge, die uns Angst machen, abzutun und sogar zu belächeln. Dabei geht es hier um uns!
Um unser Zentrum!
Unsere Basis!
Unser Herz!
Unser GANZES ICH!
Dieses Ganze Ich will Beachtung, will gesehen und geheilt werden. Dieses Ganze Ich ist erschöpft von all den Versuchen, aufmerksam auf sich zu machen.
Hab keine Angst, keine Scham und such nicht nach Ausreden!
Pack es an! Sprich darüber!
In einer Welt, in der all das Wichtige nicht mehr tabuisiert und runtergespielt wird, können wir offen über alles reden, lernen und wachsen, miteinander und füreinander 🙂
Durch Kommunikation und Selbstreflexion können wir schon vieles be-greifen.
Es ist dann sozusagen zum Greifen nah, und wenn etwas zum Greifen nah ist, werden wir uns wohl kaum umdrehen und gehen, sondern zugreifen. Und dann kann es natürlich oft auch hart werden, wenn wir begreifen und verstehen, was da passiert ist. Wenn wir jedoch dies erkannt haben, können wir neue Brücken bauen, zwischen uns, der Vergangenheit und der Zukunft. Wenn wir auf dem Weg der Heilung sind, werden wir erkennen, dass auch die Selbstliebe nicht alleine stehen kann. Zur wirklichen Selbstliebe erlangen wir erst, wenn wir in uns hinein gehört haben, uns und unsere Geschichte akzeptiert haben und Frieden mit ihr geschlossen haben.
Gesund werden wir, wenn all diese Schritte zur Selbstliebe gegangen sind, und konstant und bedingungslos an dieser Selbstliebe festgehalten wird. Uns zu lieben auch wenn wir traurig, krank, erfolglos und arm waren, oder sind, auch wenn wir mal nicht gut aussehen, oder die eine oder andere Charakterschwäche haben.
So, wie wir sind, sind wir geworden, durch das Leben. So, wie wir sind, so haben wir uns werden und formen lassen!
Wenn wir uns nun dafür verurteilen, dass wir diese oder jene Kante haben, oder diese und jene Vergangenheit haben, dieses und jenes erlebt haben, dann werden wir auch weiter jene Frustration im Spiegelbild, diesen Kontostand auf dem Konto sehen, oder die vom Arzt diagnostizierte Krankheit finden, die Beziehungen zur Familie, zum Partner und zu den Freunden wird ebenfalls weiterhin ärgerlich sein, und wir sitzen am Ende des Tages, wie ein Haufen Pech auf der Couch und trösten uns mit dem Fernsehprogramm, welches uns ein wenig Trost gibt, denn das was wir dort sehen, ist so Würdelos, dass wir uns plötzlich etwas stärker und größer fühlen.
Und so läuft es dann Tag ein Tag aus. Das ist dann unser selbst erbauter Lebensentwurf. Es sei denn, wir stellen uns all diesen Baustellen und finden heraus, warum wir uns so fühlen. Wir haben nämlich über die Generationen hinweg gelernt, uns mit den Gegebenheiten abzufinden, im Außen zu funktionieren und uns bloß nicht zu viele Gedanken über uns selbst zu machen.
-Alles so hinnehmen, wie es ist, ohne Hinterfragung.
-Das Drama im Außen sehen und so akzeptieren.
-Den inneren Groll und Kummer über die schlimmen Lebensumstände ungefiltert weitergeben.
?!?!
…
Hören wir auf uns etwas vorzumachen! Wir bringen unweigerlich unsere eigene Geschichte und Prägungen mit.Wir sind es unseren Nachkommen schuldig in uns aufzuräumen und zu putzen, bevor sie bei uns einziehen.
Ich finde nämlich, dass wir uns alle etwas vormachen, wenn wir nicht ehrlich zu uns sind und nicht erkennen, dass es innere Konflikte gibt, welche uns krank machen und uns schädigen, Schaden trägt auch automatisch unser Umfeld und umgekehrt. Natürlich haben wir alle unsere eigene Wahrheit und vielleicht weiß man vieles, wenn man älter ist, besser, jedoch müssen wir unsere Gedanken ab und an erneuern und uns der Zeit etwas anpassen. Die Technik erneuert sich, gefühlt alle 5 Minuten, und wir nehmen diese technischen Erneuerungen so an.
Wenn wir mit der uns gewohnten alten Denkstruktur nicht glücklich geworden sind, sollten wir diese alten porösen Säulen vielleicht restaurieren.
Keiner ist vollkommen und jeder gibt sein Bestes. <3
Fangen wir an das Beste für uns zu tun und nicht für die Eltern, die Lehrer, die Professoren, den Chef, die Freunde, die Gesellschaft. Fangen wir an, uns vollkommen zu sehen, und einzigartig, so wie wir sind, denn dann sieht uns auch die ganze Welt so an.
Als Abschluss dieses Artikels möchte ich nur noch sagen : Ich sehne mich nach Authentizität und Wahrheit. Nehmt die Masken ab und zeigt wer Ihr seid, und zeigt, dass Ihr Euch liebt, dafür wer Ihr seid.
Schließe Frieden mit Dir,
dem Vergangenen.
Nimm Dich in die Arme
…und hör‘ Dir selber zu <3 <3 <3
Jasmin Alea, November 2017
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